Die Bürgermeisterin von Schwedt, Annekathrin Hoppe, sieht nach Jahrzehnten des Wegzugs in ihrer Stadt gute Voraussetzungen für den notwendigen Wandel. Die Einwohnerzahl sei stabil bei 33.000, sagt Hoppe der Deutschen Presse-Agentur. Das sehe sie an vollen Schulen, Kitas und der konstanten Geburtenrate. «Das ist für mich ein deutliches Zeichen, dass wir mit dem Zuzug, Rückzug und Wegzug ein halbwegs ausgeglichenes Niveau haben». Auch mit dem Rückbau von Wohnungen, die zum großen Teil das Stadtbild prägen, sei Schluss. «Die sogenannten Plattenbauten, die dominieren, sind wieder sehr begehrt, der Leerstand insgesamt unter 3 Prozent.» In den Jahren 2000 bis 2010 hatte die Stadt ihr zufolge die größte Wegzugwelle.
Schwedt hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Brüche erlebt. Während der 1960er Jahre kam es zu einer zweiten Industrialisierung. Die bestehende Tabakindustrie und angrenzende Wirtschaftszweige verschwanden in der DDR für den Aufbau der papier- und erdölverarbeitenden Industrie. Die Raffinerie PCK wurde mit Öl aus der Druschba-Pipeline versorgt. «Das war Jahrzehnte unsere Lebensader», macht Hoppe deutlich. Zur Wendezeit verloren viele Menschen dort ihre Arbeit. Der Standort musste sich anpassen und wurde erneut zum Pulsschlag der Region.
Dann kam die Entscheidung des Bundes: Ab 2023 ist Schluss mit russischem Öl über die Druschba-Pipeline. Eine ganze Stadt war das Jahr davor in Unsicherheit. Hoppe versuchte, mit Bund und Land eine Zukunftsperspektive zu entwickeln. Inzwischen gibt es eine Beschäftigungsgarantie für PCK-Mitarbeiter, alternatives Öl wurde von den Gesellschaftern bestellt und die Raffinerie soll für die Zukunft gerüstet werden. «Der Wandel liegt in der DNA der Stadt», sagt die SPD-Politikerin.
Neue Lebensader der Stadt ist, so Hoppe, die Trasse des Netzbetreibers 50Hertz, der grünen Strom in der Uckermark «einsammelt» und in das Umspannwerk Vierraden leitet. Die Stromtrasse gehe unmittelbar an der Raffinerie lang - beste Bedingungen, um das gesamte Industriegelände nach und nach für grüne Energie umzubauen. Diese Entwicklung interessiert auch das ZDF-Morgenmagazin, dass an diesem Freitag aus der Stadt an der Oder sendet.
Wichtig ist der Rathauschefin vor allem, die Schwedter im Wandel mitzunehmen. «Sie sollen sich damit identifizieren können», sagt Hoppe. Deshalb entsteht ein Transformations- und Servicezentrum in zentraler Lage. Der Planungsauftrag ist vergeben. In dem Gebäude soll unter anderem Platz sein für Bildung, Start-ups und Co-Workingspaces.
Wie auch anderen Städten in Deutschland macht Schwedt der demografische Wandel zu schaffen. Das Durchschnittsalter liegt bei 52 Jahren. Auch darauf reagiert die Stadt. Die Wohnquartiere werden nach Angaben von Hoppe aufgewertet, Aufzüge - wo möglich - nachgerüstet. «Barrierefreiheit und Modernisierung wird ein Thema bleiben.»