Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) stößt mit ihren Plänen im Kampf gegen den Lehrermangel bei Gewerkschaft und Eltern grundsätzlich auf offene Ohren - aber auch auf Kritik. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zeigte sich aufgeschlossen, warnte aber davor, dass der Druck auf die Lehrkräfte zunehmen könnte. Der Landeselternrat ist ebenfalls offen, fordert jedoch mehr Tempo.
Im kommenden Schuljahr werden an Brandenburgs Schulen rund 1800 neue Lehrkräfte gebraucht. Weil so viele ausgebildete Pädagogen nicht zu finden sind, sollen die vorhandenen Lehrkräfte möglichst länger oder bei Teilzeitarbeit mehr unterrichten.
Neben der Verbeamtung von Seiteneinsteigern will Ernst die Ausweitung des selbstständigen Lernens sowie eine Mischung aus Unterricht im Netz und vor Ort vor allem für ältere Schülerinnen und Schüler prüfen. Sie will Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben und der besonderen Unterstützung von Schülern entlasten. Deshalb sollen bis zu 200 Planstellen für Lehrkräfte für Schulassistenzen und Schulsozialarbeit in Anspruch genommen werden.
«Wir sind offen für pragmatische, sinnvolle Lösungen», sagte der GEW-Landesvorsitzende Günther Fuchs am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Er sieht aber ein Tabu. «Wir werden die Arbeitsbelastung nicht weiter erhöhen», sagte Fuchs. «Es nützt uns gar nichts, den Druck im System zu erhöhen.»
Ältere Lehrkräfte hätten in Brandenburg im Vergleich zu anderen Ländern bereits längere Dienstzeiten, sagte der GEW-Landeschef. Auch eine Reduzierung von Teilzeitarbeit sieht er skeptisch. Die Gefahr sei, dass Brandenburg dann nicht mehr so attraktiv sei, um Beruf und Familie zu verbinden. Bei einer Umwidmung von Stellen zur Entlastung handle es sich ja um Lehrerstellen, die umgewandelt würden.
Nach Ansicht des Landeselternrats Brandenburg kommen die geplanten Maßnahmen gegen den Lehrermangel zu spät. Eine Entlastung der Lehrerinnen und Lehrer von Verwaltungsaufgaben sei längst überfällig, teilte Sprecherin Ulrike Mauersberger auf Anfrage mit. «Sie muss schnell umgesetzt werden, damit endlich kein Unterricht mehr aufgrund dieser berufsfremden Aufgaben ausfällt.»
Der Elternrat lehnt eine Ausweitung von Selbstlernzeiten und Hybridunterricht nicht grundsätzlich ab, warnt aber davor, damit kurzfristig Lehrermangel und Unterrichtsausfall auszugleichen. Nötig seien außerdem mehr Lehramts-Studienplätze. Der Landesschülerrat wandte sich dagegen, dass ältere Schüler mehr zu Hause lernen. «Der Bildungstrend zeigt, dass wir in der Corona-Zeit mit der Leistung sehr stark abgesackt sind», sagte Sprecherin Paula Baumgarten im rbb24 Inforadio.
Die Landtagsopposition zeigte sich kritischer. AfD-Bildungspolitiker Dennis Hohloch nannte die Vorschläge eine «Provokation und eine Kampfansage an unsere Lehrer». Er forderte bessere Arbeitsbedingungen, Bürokratieabbau und Schulverwaltungsfachkräfte.
Die Linksfraktion sprach von unausgegorenen Vorschlägen. Es sei falsch, Lehrerstellen zulasten der Klassengrößen in Assistenzstellen umzuwidmen, sagte Bildungspolitikerin Kathrin Dannenberg. «Klassen dürfen nicht weiter vergrößert werden.» Selbstlernzeiten und Hybridunterricht seien nach Distanzunterricht in der Corona-Zeit «eine Zumutung für junge Menschen».