Angriff auf Jugendliche in Tram: Geld- und Bewährungsstrafen

Der Vorfall an einer Tram-Haltestelle sorgt für großes Aufsehen. Griffen sechs Erwachsene eine 17-Jährige in Berlin aus rassistischen Motiven an? Nun hat das Gericht ein Urteil gesprochen.
Urteil
Die 18 Jahre alte Dilan steht in einem Flur des Gerichtsgebäudes. © Paul Zinken/dpa

Was genau geschah, war im Gericht nur noch schwer aufzuklären: Nach einem mutmaßlich rassistischen Angriff auf eine Jugendliche in Berlin-Prenzlauer Berg sind vier der sechs Angeklagten verurteilt worden. Mit acht Monaten Haft auf Bewährung erging gegen eine 34-Jährige die höchste Strafe. Sie habe die Jugendliche rassistisch beleidigt, geschlagen und getreten, begründete das Amtsgericht Tiergarten das Urteil am Donnerstag. Rassistische Beleidigungen aus der Gruppe der anderen Menschen heraus seien nicht nachgewiesen worden.

Die damals 17 Jahre alte Abiturientin mit türkischen Wurzeln und deutschem Pass war im Februar 2022 nach ihrer Schilderung in einer Straßenbahn rassistisch beschimpft und kurz darauf an einer Haltestelle geschlagen und getreten worden. In einem Video aus dem Krankenhaus berichtete die Jugendliche später teilweise weinend von der Tat und beschwerte sich bitter darüber, dass ihr niemand von den umstehenden Menschen geholfen habe und dass ihr in ersten Berichten von Polizei und Medien zunächst eine Mitschuld zugeschrieben worden war.

Wegen der Tat wurden am Donnerstag außer der 34-jährigen Frau auch drei weitere Menschen verurteilt: Eine 55-Jährige erhielt wegen gefährlicher Körperverletzung sechs Monate Haft auf Bewährung, ein 45-jähriger Mann wegen Beihilfe dazu ebenfalls. Ein 43-Jähriger wurde zu einer Geldstrafe von 2200 Euro in 40 Tagessätzen zu je 55 Euro wegen Bedrohung und Beleidigung verurteilt. Zwei Angeklagte wurden freigesprochen - ihnen seien keine konkreten Handlungen zuzuordnen gewesen, sagte die Vorsitzende Richterin.

Im Prozess trat das Opfer der Tat, die inzwischen 18-Jährige Dilan, als Nebenklägerin auf. Auf eine Entschuldigung der Angeklagten habe sie im Prozess vergeblich gewartet, sagte die junge Frau nach dem Urteil. Bis heute leide sie unter psychischen Folgen. «Wenn ich leise gewesen wäre, dann wüssten wir nicht, dass es um Rassismus geht.» Ihr Anwalt Daniel Lehnert sagte, er werde Rechtsmittel prüfen.

Die Tat hatte im Februar vorigen Jahres für großes Aufsehen gesorgt - auch weil die Polizei die Ursache des Angriffs zunächst falsch dargestellt und in einer Mitteilung geschrieben hatte, Auslöser des Konflikts sei gewesen, dass die Frau keine Corona-Maske getragen habe. Auch die Deutsche Presse-Agentur hatte diese ursprüngliche Darstellung der Polizei in einer Meldung übernommen und die in der Polizei-Mitteilung genannten Hinweise der Frau auf rassistische Beleidigungen nicht erwähnt.

Videosequenzen und Zeugenaussagen seien die Beweismittel gewesen, sagte die Richterin. Die Angaben von Zeugen seien ein «kunterbuntes Durcheinander» gewesen. Erinnerungen hätten sich teilweise mit dem vermischt, was in Medien geschrieben oder gesagt worden sei. Nachgewiesen sei aus Sicht des Gerichts, dass die 34-Jährige, die wie die Mitangeklagten bei dem Geschehen alkoholisiert gewesen war, aggressiv geworden sei.

Zwei rassistische Beleidigungen durch die Frau sah das Gericht als erwiesen an, zudem habe sie laut Angaben von Zeugen getreten und geschlagen. Eine 55-Jährige hatte zugegeben, Dilan an den Haaren gezogen zu haben. Der 45-jährige Mann habe Zeugen davon abgehalten, schlichtend einzugreifen.

Der Staatsanwalt hatte gegen zwei Frauen und einen Mann Bewährungsstrafen zwischen sieben und elf Monaten gefordert. Im Fall der weiteren Angeklagten plädierte er auf Geldstrafen. Einige Angeklagte hatten Vorwürfe zum Teil zugegeben, andere forderten Freispruch. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© dpa
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