Nach der Wiederholungswahl am 12. Februar müssen Präsidium und Ausschüsse des Abgeordnetenhauses nach Einschätzung neu besetzt werden. Das geht aus einem noch unveröffentlichten Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Darin empfehlen die Juristen, die Posten des Präsidenten und der Stellvertreter sowie weiterer Präsidiumsmitglieder neu zu bestimmen.
Die Fraktionen müssten sich neu konstituieren, auch alle Ausschüsse müssten neu gewählt werden. Das betrifft auch die Ausschüsse, deren Mitglieder durch das Plenum gewählt wurden, also den Verfassungsausschuss und den Untersuchungsausschuss zur rechtsextremen Anschlagsserie in Neukölln. Zuerst hatte der RBB über das Thema berichtet.
Die Gutachter weisen darauf hin, dass laut dem Berliner Verfassungsgerichtshof die Rechtsakte des bisherigen Parlaments ihre Gültigkeit behielten. Das gelte zum Beispiel für Gesetzesbeschlüsse, aber nicht für die «innerparlamentarische Ordnung» nach der Zäsur durch die Wiederholungswahlen und die damit verbundene Neuvergabe aller Mandate. Im Fall von Gesetzesentwürfen empfehlen die Gutachter, die erste Lesung durch das neu zusammengesetzte Parlament zu wiederholen, um «jegliche Rechtsunsicherheit zu vermeiden».
Der Sprecher des Abgeordnetenhauses, Ansgar Hinz, sagte auf Anfrage am Freitag, das Gutachten sei vom Ältestenrat in Auftrag gegeben worden, der am Dienstag zusammenkomme und sich dann mit dem Thema befassen werde. Nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichtshofs zur Wahlwiederholung habe sich etwa die Frage gestellt, ob die Ausschüsse in der bisherigen Form weiterarbeiten könnten und der Parlamentspräsident im Amt bleibe.
Die Ausschüsse sind jeweils nach der Fraktionsstärke besetzt, für das Amt des Präsidenten hat die stärkste Fraktion das Vorschlagsrecht. Das heißt, ändern sich die Mehrheitsverhältnisse und die Zahl der Abgeordneten aus den einzelnen Parteien, sind aus Sicht der Gutachter entsprechende Veränderungen notwendig. Zu den Details aus dem noch unveröffentlichten Gutachten äußerte sich der Sprecher nicht.
Das Landesverfassungsgericht hatte Mitte November die Abgeordnetenhauswahl vom September 2021 wegen zahlreicher Pannen und «schwerer systemischer Fehler» für ungültig erklärt. Auch nach der geplanten Wiederholung der Wahl läuft die Legislaturperiode aber weiter und beginnt nicht etwa neu. Für die parlamentarische Praxis ergeben sich dadurch zahlreiche Fragen.