Kind gezüchtigt: Vater und Bruder vor Gericht

Weil es sich nicht den religiös motivierten Regeln ihrer Angehörigen unterordnen wollte, wurde ein Mädchen jahrelang übel gezüchtigt. Schließlich floh es wegen Todesdrohungen zum Jugendamt. Nun müssen sich Vater und Bruder verantworten.
Das Strafjustizzentrum Augsburg. © Karl-Josef Hildenbrand/dpa/Archivbild

Aus religiösen Gründen sollen in Augsburg ein Vater und dessen Sohn jahrelang ein Mädchen, die Tochter und Schwester, körperlich und seelisch misshandelt haben. Der Vater soll sogar gegenüber dem Jugendamt gedroht haben, dass er seine Tochter umbringen und ihr den Kopf abschneiden werde. Die in Untersuchungshaft sitzenden 44 und 23 Jahre alten Männer müssen sich von heute an vor dem Augsburger Amtsgericht verantworten. Sie sind wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung, Freiheitsberaubung und weiterer Straftaten angeklagt.

Die beiden Männer gehören der jesidischen Glaubensrichtung an. Körperliche Züchtigungen und strenge hierarchische Regeln gehörten für sie zur Religion, sagt die Staatsanwaltschaft. Die Übergriffe auf die 2006 geborene Tochter haben laut Anklage begonnen, als das Kind etwa zwölf Jahre alt war. Es ging mehrfach darum, dass die Jugendliche Kontakt zu männlichen Bekannten hatte. Der Bruder soll seine Schwester aber auch mit einem Gürtel geprügelt haben, weil das Mädchen gegen seinen Willen mit der Straßenbahn fuhr.

Als die Jugendliche später einen Freund hatte, eskalierte im Mai 2022 die Situation. Die Angehörigen sollen das als Beschmutzung der Familienehre betrachtet haben, weil es sich bei dem Mann nicht um einen Jesiden handelte. Beziehungen seien nur innerhalb der Glaubensgemeinschaft akzeptiert, heißt es in der Anklage.

Ein Familientribunal soll dann in Anwesenheit der Tochter darüber beraten haben, wie diese «am besten umgebracht» werden kann. Der Freund des Mädchens sei ebenfalls mit dem Tod bedroht worden. Die Tochter konnte schließlich zum Jugendamt fliehen und wurde von der Behörde in Obhut genommen.

Jesiden stammen ursprünglich aus dem Irak, der Türkei, Syrien oder dem Iran. Der angeklagte Vater ist nach Justizangaben Iraker, der Sohn sei deutsch-irakischer Staatsangehöriger. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte im Irak Menschen jesidischen Glaubens systematisch verfolgt und viele umgebracht.

© dpa
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