Keine Mehrheit für Kandidaten bei Landesbischofswahl

Die Anspannung war den Beteiligten bei diesem Wahlkrimi anzusehen. Am Ende gab es aber auch ratlose Gesichter, denn: Wer Nachfolger des scheidenden Landesbischofs in Bayern wird, ist weiter offen. Eine Situation, die es im Freistaat so noch nie gab.
Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. © Sven Hoppe/dpa

Am Ende hing alles an den Stimmen von vier Unentschiedenen: Die Synode der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern konnte sich nicht auf einen neuen Landesbischof oder eine neue Landesbischöfin einigen. «Ich sage trotzdem: Ich bin froh und dankbar, dass wir freie Synoden haben, die ihre Wahlentscheidungen frei treffen können, auch wenn es manchmal schwieriger wird», sagte der amtierende Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm über die seines Wissens einmalige Situation in der Geschichte der Landeskirche. Bei der Abstimmung am Montag in München hatte keiner der beiden verbleibenden Kandidaten die erforderliche absolute Mehrheit erreicht.

Im vorletzten Wahlgang hatte der Regionalbischof im Kirchenkreis München, Christian Kopp (58), noch exakt gleich viele Stimmen bekommen wie die Dekanin in Landshut, Nina Lubomierski (47). Der Wahlvorstand ermahnte daraufhin die Mitglieder der Synode, also des «Kirchenparlaments»: «Wir können uns jetzt keine Enthaltungen mehr leisten.»

Doch auch das Singen des Liedes «Komm heiliger Geist» half nicht: Auch beim sechsten, dem laut Kirchenrecht letztmöglichen Wahlgang, enthielten sich vier Synodale der Stimme. Einer oder eine wechselte zudem die Seiten, so dass Kopp am Ende 52 Stimmen bekam und Lubomierski 50. Nötig wären mindestens 55 Stimmen gewesen.

Damit gibt es laut Bischofsgesetz nun zwei Möglichkeiten: Der Wahlvorbereitungsausschuss könnte noch während der laufenden Synodaltagung einen neuen Wahlvorschlag aufstellen. Dieser dürfte nur noch zwei Namen enthalten - auch ein bisher nicht benannter Kandidat ist denkbar. Allerdings müssten diverse Seiten zu diesem Verfahren ihre Zustimmung geben.

Die zweite Option ist, dass das Wahlverfahren mit sämtlichen vorgesehenen Stufen völlig neu eröffnet wird. Dann allerdings drückt die Zeit: Der bisherige Landesbischof scheidet zum Reformationstag Ende Oktober aus seinem Amt aus. Es müsste deshalb voraussichtlich einen Sondertermin der Landessynode geben, denn die nächste reguläre Tagung ist erst für den November vorgesehen. Die Entscheidung für einen der beiden Wege soll so rasch wie möglich fallen.

Ob die bisherigen Kandidatinnen und Kandidaten für einen möglichen «siebten Wahlgang» noch einmal zur Verfügung stünden, blieb zunächst offen. Sie hatten bei der Bekanntgabe des überraschenden Ergebnisses bereits lange Stunden des Wartens, Bangens und Hoffens hinter sich. Ganz alleine saßen sie während der Wahlgänge auf der vordersten Bank in der Mitte der St. Matthäuskirche, sichtbar angespannt.

Nach dem dritten Wahlgang zog die liberale und für eine weltoffene Kirche stehende Co-Direktorin des landeskirchlichen Partnerschaftszentrums Mission EineWelt, Gabriele Hoerschelmann (55), ihre Kandidatur zurück. Vor dem fünften Wahlgang folgte ihr der als theologisch konservativ geltende Windsbacher Dekan Klaus Schlicker (56). Damit blieb die Wahl zwischen der aus Hamburg stammenden Lubomierski, die mit kreativen Ideen und Formaten auf sich aufmerksam gemacht hatte, und dem in Regensburg geborenen Kopp, der als einziger nicht aus den Reihen der Synode, sondern des Landeskirchenrats kommt.

Nach der ergebnislosen Wahl bleibt nun also zunächst weiter offen, wer den bereits 2016 begonnenen Umbau- und Transformationsprozess der Landeskirche anführen wird. Kurz zusammengefasst lautet dessen Auftrag so: Die Kirche soll ausstrahlungsstark und attraktiv bleiben, obwohl Mitglieder, Pfarrkräfte und finanzielle Mittel schwinden - und zwar kräftig.

Die zunehmendere Distanz zur Kirche, die sich in der sinkenden Zahl von Taufen sowie zunehmenden Austritten äußert, sowie der demografische Wandel haben bereits dazu geführt, dass der Landeskirche Ende 2022 nur noch 2,14 Millionen Mitglieder angehörten. Im Jahr 2011 waren es noch rund 2,53 Millionen. Das spiegelt sich auch in den Einnahmen wider, die zu einem großen Teil auf der Kirchensteuer beruhen. Um auch in Zukunft einen ausgeglichenen Haushalt zu haben, will die Landeskirche deshalb bis zum Jahr 2030 Ausgaben von 189 Millionen Euro einsparen - bei einem aktuellen Budget von 945 Millionen Euro.

Dabei kommt den Zuständigen eine eigentlich ebenfalls problematische Entwicklung zugute: Die Zahl der Pfarrerinnen und Pfarrer wird ruhestandsbedingt bis 2035 um die Hälfte sinken. Das allerdings hat zur Folge, dass die 1530 Gemeinden im Freistaat zunehmend häufiger kooperieren oder gar fusionieren und sich einen Pfarrer oder eine Pfarrerin teilen müssen.

© dpa ⁄ Elke Richter, dpa
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