Bei der kommunalen Wärmeplanung müssen Bund und Land aus Sicht des neuen Städtetagspräsidenten Frank Mentrup schleunigst ihre Vorgaben miteinander abstimmen. «Sonst haben wir nämlich eine Wärmeplanung, bei der wir den Bürgern anschließend nicht erklären können, was man damit jetzt anfangen kann», sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.
«Die Wärmepläne, die im Moment in Baden-Württemberg bis Ende des Jahres von Städten einer bestimmten Größe fertiggestellt werden sollen, beinhalten noch keine Ausbauplanungen», erklärte der Karlsruher Oberbürgermeister. Die Pläne seien letztlich in ihrer Rechtsverbindlichkeit wesentlich offener als das, was der Bund aktuell vorsehe.
Die Wärmeplanung gilt als ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu mehr Klimaschutz. Kommunen geben beispielsweise an, in welchen Straßen und Gebieten sie Fernwärme-Versorgung planen. Eigentümer sollen so auch erfahren, ob sie alternativ selbst, etwa über eine Wärmepumpe, für klimafreundliche Heizungen sorgen müssen.
Bruchsal und Freiburg als Vorreiter
«Es gibt ja beispielsweise Städte wie Bruchsal oder Freiburg, die durchaus schon sehr weit in der Wärmeplanung sind», sagte Mentrup. «Solche Vorreiter werden durch die unklare Situation auf Bundesebene ausgebremst, denn sie wissen nicht, ob ihre Planungen anerkannt werden und welche rechtliche Sicherheit es für sie gibt, dass sie den Anforderungen des Bundes genügen.»
Umweltministerin Thekla Walker teilte mit, sie erwarte, dass der Bund die Wärmepläne der baden-württembergischen Kommunen voll anerkennt. «Wir wollen, dass diese darüber hinaus für ihre Vorreiter-Rolle auch belohnt werden», sagte die Grünenpolitikerin am Sonntag, wie ein Sprecher mitteilte. Falls klimafreundliche Wärmenetze nach den Plänen möglich seien, sollten sie dann auch möglichst gebaut werden können.
Freiburg arbeitet schon seit Jahren an der Wärmewende und sieht sich inzwischen in einer bundesweiten Vorreiterrolle. Die Schwarzwaldmetropole, die sich gerne als «Green City» («Grüne Stadt») bezeichnet, setzt nun auch auf Tiefengeothermie. «Ende des Jahres soll der Bohrpunkt bekanntgegeben werden», sagte der Leiter des städtischen Umweltamts, Klaus von Zahn, der dpa. Die Kommune will vor allem für die klimafreundliche Fernwärmeversorgung in die Tiefengeothermie einsteigen. «Vor vier Jahren war das Thema noch sehr umstritten, inzwischen wird es von der Bürgerschaft breit getragen», sagte von Zahn.
In Bruchsal im Kreis Karlsruhe haben unter anderem Stadt, Stadtwerke und Energieagentur schon 2019 einen Energieleitplan fertiggestellt, den der Gemeinderat im Januar beschloss. Er beinhaltet auch die seit 2020 verpflichtende kommunale Wärmeplanung. In Bruchsal läuft seit 2009 das erste Geothermiekraftwerk des Landes.
Geothermie-Image in Drei-Länder-Region ramponiert
Der regionale Energieversorger Badenova will Bohrungen vor den Toren Freiburgs voraussichtlich im übernächsten Jahr starten. Wärme solle dann von 2027 an geliefert werden, kündigte Klaus Preiser an, Geschäftsführer der Badenova-Tochtergesellschaft Wärmeplus. Der Oberrheingraben zwischen Mannheim und Basel gilt als besonders lohnend für Geothermie-Bohrungen. In der Region ramponierten jedoch Risse in Häusern im südbadischen Staufen sowie Erdbeben in der Schweiz und im Elsass in den Vergangenheit den Ruf der Geothermie.
Vor allem Pfusch und Fehler sorgten für das schlechte Image. In Staufen lösten missglückte Bohrungen oberflächennaher Geothermie starke Schäden aus.
Nach Überzeugung der Bergbehörde lässt sich Tiefengeothermie am Oberrhein aber vergleichsweise sicher gewinnen. Mit Erdwärme aus Tiefengeothermie werden Wärmenetze gespeist und Stadtviertel mit Heizwärme versorgt. Bohrlöcher können eine Tiefe von bis zu fünf Kilometern erreichen.
«Wenn alle Erwartungen erfüllt werden, könnten 2035 etwa 40 bis 50 Prozent des Fernwärmebedarfs in Freiburg aus Tiefengeothermie gedeckt werden», sagte Energiemanager Preiser. Der regionale Versorger wolle etwa 420 Millionen Euro investieren - für die Anlagen fließen aber auch öffentliche Fördergelder.
An vielen Stellen der südbadischen Großstadt wird gebuddelt: Arbeiter verlegen Fernwärmerohre, was Autofahrer und andere Verkehrsteilnehmer oft wenig begeistert. In Zukunft soll etwa die Hälfte des gesamten Wärmebedarfs über Fernwärme gedeckt werden. Die andere Hälfte soll aus dezentralen Quellen stammen wie der Wärmepumpe, wie Amtsleiter von Zahn vorrechnete. 2035 wolle die Stadt klimaneutral sein. In einigen Stadtvierteln ist noch unklar, ob nun Fernwärme kommt oder nicht, was bei Bürgern mitunter zu Verdruss führt, wie die «Badische Zeitung» unlängst berichtete.
Mentrup für Absprachen
Städtetagspräsident Mentrup mahnte Absprachen zur Wärmplanung bis Jahresende an: «Ich glaube, dass die Zeit ausreichen müsste, weil Landes- und Bundespolitik sich an der Stelle einig in der Sache sind. Die Zielsetzungen sind klar. Jetzt fehlt es ein bisschen an Mut, bestimmte Detailentscheidungen zu treffen.»
Dabei geht es nach seinen Worten unter anderem darum, ob der Bund am Ende die Wärmeplanung akzeptiert, die in Baden-Württemberg viel früher gemacht wurde. Das sei auch mit Blick auf Förderungen wichtig.
Es sei nicht sinnvoll, jetzt Menschen aufzufordern, Wärmepumpen einzubauen - bevor nicht geklärt sei, ob sie nicht zukünftig in einem Fern- oder Nahwärmegebiet wohnen. Bei der Planung seien die Kommunen nicht zuletzt wegen der Stadtwerke gefragt, sagte der Verbandspräsident. «Denn eine ganze Gruppe von Eigentümern insbesondere bei Nahwärmenetzen unter ein Dach zu bekommen, wird sonst keiner hinbekommen. Die treffen sich nicht zufällig auf dem Markt und beschließen dann, ein Nahwärmenetz zu bauen.»
Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Hans-Ulrich Rülke, forderte die grün-schwarze Landesregierung auf, die Pflicht zur kommunalen Wärmeplanung auszusetzen. «Es ist zwingend notwendig, die kommunale Wärmeplanung des Landes mit dem Gebäudeenergiegesetz des Bundes abzustimmen», erklärte Rülke laut einer Mitteilung. Sonst drohten Bürgern Nachteile wie beispielsweise eine geringere Förderung. Die AfD-Fraktion teilte mit, sie lehne die Wärmewende ab. Diese sei nicht umsetzbar und wirkungslos, kritisierte der energiepolitische Fraktionssprecher Uwe Hellstern laut einer Mitteilung.