Verdi-Warnstreik und Klimaproteste legen Land lahm

Gespenstisch leere Bahnsteige und voll gepackte Straßen, Klimaaktivisten an der Seite von Gewerkschaftlern. Zahlreiche Proteste legten am Freitag weite Teile von Baden-Württemberg lahm.
Der Demonstrationszug biet kurz nach dem Auftakt in die Theodor-Heuss-Straße ein. © Julian Rettig/dpa

Warnstreiks im öffentlichen Personennahverkehr und Klimaproteste haben am Freitag in vielen baden-württembergischen Großstädten zu Verkehrschaos geführt. Besonders Pendler wurden am Ende der Woche auf die Geduldsprobe gestellt. Weit über 6000 Beschäftigte der Nahverkehrsunternehmen legten ihre Arbeit nieder, wie Verdi am Freitag mitteilte. Die Gewerkschaft will damit den Druck im Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen erhöhen. Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit oder in die Schule wollte, musste sich eine Alternative suchen. In mehr als 40 Städten im Südwesten gingen auch Klimaaktivisten auf die Straße. Die Gruppen liefen zum Teil gemeinsam.

Verdi zeigte sich mit Blick auf die Warnstreiks am Freitag sehr zufrieden. «Wir haben eine größere Beteiligung als in den vergangenen Jahren», sagte Jan Bleckert vom Landesbezirk Baden-Württemberg. U-Bahnen, Busse, Straßenbahnen, sogar eine Bergbahn und die Schiffe am Bodensee standen zum Ende der Woche still. «Es sind alle dabei», sagte Reiner Geis aus dem Verdi-Bezirk Südbaden Schwarzwald. Dort wurden die Verkehrsbetriebe Freiburg ebenso bestreikt wie die Konstanzer Stadtwerke.

Zeitgleich fand in Freiburg auch eine der größten Klimademonstrationen im Südwesten statt. Laut Fridays for Future waren rund 9000 Menschen unterwegs. Die Polizei schätzte 6000. Unter dem Motto «#TomorrowIsTooLate» (morgen ist es zu spät) demonstrierten Menschen im ganzen Land für mehr Klimaschutz. In Stuttgart sollen nach Angaben von Fridays for Future rund 12.000 Menschen auf der Straße gewesen sein. Weniger als erwartet kamen dagegen in Karlsruhe.

Die Kundgebungen fanden zum Teil zeitgleich mit den Warnstreiks von Verdi statt. «Dass wir heute gemeinsam streiken, hat einen guten Grund, denn im öffentlichen Dienst ist eine bessere Bezahlung notwendig», sagte Reiner Geis, Geschäftsführer von Verdi Südbaden auf der Kundgebung in Freiburg.

Heftige Kritik an Verdi wegen den gemeinsamen Aktionen mit Fridays for Future kam von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Die Kooperation sei «eine gefährliche Grenzüberschreitung», sagte der BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Politische oder quasi politische Streiks seien in Deutschland rechtswidrig. Diese Kritik wies Martin Gross, Bezirksleiter von Verdi in Baden-Württemberg entschieden zurück. Dass sich junge Menschen mit den Streikenden solidarisieren, sei ihr Grundrecht auf freie Meinungsäußerung.

Neben dem Klimaprotest in Freiburg fand auch eine Aktion der «Letzten Generation» statt. Die Aktivisten klebten sich demnach auf die noch für den Verkehr freie Spur auf der Bundesstraße 31 in Freiburg. Somit liefen auf einer Spur Fridays for Future und auf der anderen klebte die «Letzte Generation». Ein Polizeisprecher berichtete von «Verkehrschaos». Zeitweise sei gar nichts mehr gegangen. Zusätzlich belasteten die Warnstreiks im öffentlichen Personennahverkehr die Situation.

Bereits seit Wochen bekommen viele Bürgerinnen und Bürger Warnstreiks im öffentlichen Dienst zu spüren. Verdi und der Beamtenbund dbb wollen damit ihre Forderungen in der laufenden Tarifrunde für die Kommunen und den Bund untermauern.

Die Arbeitgeber hatten bei den bundesweiten Verhandlungen in Potsdam in der zweiten Runde vergangene Woche zwar ein Angebot vorgelegt. Die Gewerkschaften wiesen es aber umgehend zurück. Das Angebot umfasst unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro. Verdi und der Beamtenbund dbb fordern 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Die Arbeitgeberseite hatte die Forderungen als «nicht leistbar» abgelehnt.

Für Ende März ist die wohl entscheidende dritte Runde angesetzt. Verdi-Chef Frank Werneke hatte bereits gesagt, eine Urabstimmung über einen regulären Streik sei «auf der Agenda», falls die dritte Runde keinen Durchbruch bringt.

Zum Internationalen Frauentag (8. März) hat Verdi erneut zu Warnstreiks mit dem Schwerpunkt im Sozial- und Erziehungsdienst aufgerufen. Eltern von Kita-Kindern müssen sich am kommenden Mittwoch in Baden-Württemberg auf erhebliche Einschränkungen einstellen. So werden allein in Stuttgart wohl zwei Drittel der Kitas geschlossen bleiben, wie Verdi mitteilte. In vielen weiteren Städten werde gestreikt. Die Gewerkschaft erwarte mehr als 6000 Beschäftigte. Es könnte der bisher größte Streiktag im Bundesland werden, hieß es.

© dpa
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