Baden-Württemberg baut wegen «Reichsbürgern» Richterzahl aus

Efringen-Kirchen und Boxberg stehen für eine relativ neue Form von Gewalt: Sogenannte Reichsbürger gehen auf Polizisten los. Das hat Folgen - auch für die Justiz im Land.
SEK-Einsatz in Boxberg
Bei einem SEK-Einsatz gegen einen mutmaßlichen «Reichsbürger» brennt ein Haus in Boxberg. © Kohls/SDMG/dpa

Vor allem wegen der steigenden Zahl von Verfahren gegen mutmaßliche Mitglieder der «Reichsbürger»-Szene stockt das Land sein Justizpersonal auf und stärkt die Gerichte. Weil die Staatsschutzsenate auch durch Verfahren mit Bezug zur «Reichsbürger»-Szene belastet würden, seien mit dem Doppelhaushalt 2023/2024 fünf zusätzliche Richterstellen für das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart geschaffen worden, sagte die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. Diese würden nun besetzt und ein zusätzlicher Staatsschutzsenat eingerichtet. Die Notwendigkeit sieht auch die Opposition.

Der SPD-Rechtspolitiker Boris Weirauch erklärte am Sonntag, Demokratie und Rechtsstaat müssten wehrhaft sein. «Dazu gehört auch die konsequente Strafverfolgung bei staatsgefährdenden Straftaten», sagte der Landtagsabgeordnete laut Mitteilung der Fraktion. «Deswegen ist es richtig, dass der Landtag die erforderlichen Mittel für den weiteren Senat bewilligt hat.» Dass «Reichsbürger» bei Razzien Schusswaffen gegen Polizisten einsetzen, sei mehr als alarmierend. «Da kann es kein Pardon geben. Extremistische Gewaltverbrecher gehören hinter Schloss und Riegel.» Weirauch befürchtet demnach, dass auf den neuen Staatsschutzsenat viel Arbeit zukommt.

«Reichsbürger» und sogenannte Selbstverwalter erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Das Bundesamt für Verfassungsschutz rechnet der gesamten Szene rund 23.000 Anhängerinnen und Anhänger zu - Tendenz steigend. Im Südwesten sollen es etwa 3800 sein. Unter ihnen befinden sich der Einschätzung zufolge auch gewaltbereite sowie rechtsextreme Personen. Einige Anhängerinnen und Anhänger der Szene sind im Besitz von Waffen.

Am OLG Stuttgart beginnt am Mittwoch (10.00 Uhr) der Prozess gegen einen «Reichsbürger», der vor einem Jahr in Boxberg (Main-Tauber-Kreis) auf Polizisten geschossen haben soll. Dem Mann wird mehrfacher versuchter Mord zur Last gelegt. Er hatte der Anklage zufolge bei einem Polizeieinsatz in seinem Haus zahlreiche Schüsse mit einem Schnellfeuergewehr abgegeben und zwei Beamte verletzt.

Erst vor etwas mehr als einer Woche war in Stuttgart bereits ein mutmaßlicher «Reichsbürger» wegen versuchten Mordes vom OLG zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Der 62-Jährige soll im südbadischen Efringen-Kirchen absichtlich einen Polizisten angefahren und schwer verletzt haben.

«Von der Reichsbürgerszene geht eine reale Gefahr für unseren Staat aus - was nicht erst das schreckliche Ereignis im vergangenen Frühjahr in Boxberg gezeigt hat», sagte die CDU-Ministerin. Auch ihr Parteikollege, Innenminister Thomas Strobl, warnt deutlich vor den Risiken: «Eine gefestigte, über Jahre gewachsene Ideologie im Zusammenspiel mit einem als existenziell wahrgenommenen staatlichen Eingriff stellt ein erhöhtes Risiko für eine gewaltsame Eskalation dar», sagte er. Weil sie oftmals jahrelang Pflichten gegenüber dem Staat vernachlässigten, greife dieser irgendwann zwingend in das Leben von «Reichsbürgern» ein, sei es durch Pfändungen, Zwangsräumungen oder Waffenentzug.

© dpa
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