Der „Tatort“, die Deutschen lieben und sie hassen ihn. Immer wieder fragen sich viele Zuschauer bei einigen Folgen, warum ihre Gebühren für solch grausam schlechte Produktionen ausgegeben werden. Der neueste „Tatort“ aus Stuttgart, „Hüter der Schwelle“, fällt leider in diese Kategorie.
Es beginnt schon mit dem Thema. Ritualmorde kommen eigentlich nur in schlechten Krimis und so gut wie nie in der Realität vor. Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) sind eigentlich ein ganz solides Ermittlerteam, das schon einige gute "Tatorte" geliefert hat. Nun werden sie mit einem toten Studenten konfrontiert, dem Symbole in die Haut geritzt wurden. Ein Ritualmord liegt da nahe.
Was die Symbole zu bedeuten haben, finden die Kommissare zunächst nicht heraus. Die Bedeutung wäre ja ohnehin nicht so wichtig, mutmaßt Lannert. Es gehe vielmehr darum, was das Symbol in einem auslöse, körperlich. „Und was löst dieses Symbol nun körperlich bei dir aus?“, fragt Bootz darauf. „Vielleicht ein heißes Gefühl im Rücken“, meint Lannert. Solche sinnlosen Dialoge, die sich mitunter in esoterisches Geschwurbel verirren, kommen in diesem „Tatort“ leider immer wieder vor.
Die Kommissare können kaum etwas über den Toten herausfinden, denn seine Mutter will keinen seiner Freunde gekannt haben und wusste auch sonst nicht viel über sein Leben. Sie schickt die Kommissare allerdings in eine Kirche, wo sie den Wagen des Opfers finden. Warum sich der Student einen Oldtimer-Mercedes (280 SL) leisten konnte, bleibt unklar. Aber er passt zum Porsche 911, mit dem die Kommissare herumfahren. Der Pfarrer in der Kirche kann sich praktischerweise noch an das Opfer, Marcel, erinnern und zeichnet sogar ein Porträt seiner weiblichen Begleitung. Mit diesem groben Porträt finden die Kollegen dann innerhalb von Minuten die Identität der Frau heraus, die sich als Kommilitonin Marcels herausstellt. Die hübsche Studentin Diana (Saskia Rosendahl) flirtet offensiv mit Bootz, der ihr auch nicht abgeneigt scheint. Viel weiß sie über Marcel aber angeblich nicht.
Die Spur führt dann zu Emil Luxinger (André M. Hennicke), den die Kommissare bei einem skurrilen Ritual vorfinden. Er behauptet, Marcel hätte ihm ein magisches Buch gestohlen. Daraufhin hätte er versucht, Marcel zu verfluchen. Luxinger ist zwar verdächtig, aber nachweisen können sie ihm nichts. Und so kommt leider auch wenig Spannung auf. Denn weder wird einem das Opfer emotional näher gebracht, noch gibt es eine spannende Tätersuche. Stattdessen darf sich Bootz ganz allein undercover zu einem Ort begeben, wo Marcel vermutlich Drogen erhalten hat. Statt Drogen zu bekommen, wird Bootz allerdings in einen Kampf mit „Fight-Club“-Anleihen verwickelt. Er muss sich gegen einen zwielichtigen Mann behaupten und entwickelt beim Kampf auch noch erotische Fantasien von Studentin Diana. Offenbar waren ein selbsternannter Magier und ein Ritualmord noch nicht genug Absurdität für diesen Film. Man fragt sich beim Zusehen immer wieder, wie es sein kann, dass solche Drehbücher verfilmt werden. Nicht nur dass die Handlung völlig abstrus ist, die Bilder sind auch immer wieder ungewollt komisch, etwa wenn die Kommissare in Kellergewölben auf okkulte Rituale stoßen, die aussehen wie aus einem trashigen Horrorfilm. Zudem wirken vielen Szenen recht zusammenhangslos und man verliert schnell den Überblick, wie die Kommissare nun von der einen zur anderen Spur kamen.
Niemand scheint sich bei der Polizei überhaupt darüber zu wundern, dass ein Ritualmord stattgefunden haben soll, als wäre das tägliche Routine. Eine Kollegin mutmaßt sogar, ein Drogendeal könnte schief gegangen sein und um die Spuren zu verwischen, hätte man es nur wie einen Ritualmord aussehen lassen. Lannert schluckt dann auch die Erklärung, dass Luxinger Marcel für die Wiedergeburt eines Hexenjägers aus dem 17. Jahrhundert hielt und dann, dass Marcel dies selbst von sich annahm. Dass er offenbar an einer Art Psychose oder Schizophrenie litt, wird nicht weiter erklärt. Stattdessen behilft man sich mit Märchenanleihen, wenn etwa die Mutter des Opfers Diana in den Ofen (hier die Müllverbrennungsanlage) schieben will und ihr Bootz sie dann erst retten und dann den verlorenen Schuh an den Fuß stecken darf. Am Ende kommt dann heraus, dass es gar keinen Mord gab, sondern sich Marcel irgendwie selbst getötet haben soll.
Nach diesem Film, der wohl zu den schlechtesten „Tatorten“ des Jahres zählt, wünscht man sich dringend mal wieder einen ganz normalen Mord mit ganz normaler gründlicher Polizeiarbeit.