Steigende Energiekosten, Preisverfall und die anhaltende Trockenheit: Die Landwirte in Sachsen-Anhalt stehen vor großen Herausforderungen. Für viele Betriebe stellt sich gar die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Besorgniserregend sind aus Sicht des Bauernverbands vor allem die «desaströsen Preise» für die Produkte. Die lange sehr niedrigen Preise etwa für Milch hätten sich zwar mittlerweile wieder etwas erholt, im gleichen Atemzug seien aber Energie- und Futtermittelpreise gestiegen, sagte Vizepräsident Lutz Trautmann am Dienstag. «Die Atempause war null.»
Aus dem am Dienstag von Landwirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) im Kabinett vorgestellten Landwirtschaftsbericht 2020 geht hervor, dass vor allem die Lage der Milchvieh- und Ackerbaubetriebe schwierig blieb. Sowohl Rentabilität, Liquidität als auch Stabilität entwickelten sich demnach im Vergleich zum Vorjahr erneut negativ. Die Erträge aus dem Ackerbau nahmen den Angaben zufolge zwar leicht zu, blieben aber unter dem langjährigen Mittel. «Dieser Negativtrend gilt auch für Ökobetriebe, jedoch mit besseren Ergebnissen als bei konventionell wirtschaftenden Betrieben», hieß es vom Ministerium.
Entlastung könnten höhere Lebensmittelpreise bringen. Das ist auch ein Vorschlag des neuen Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir (Grüne), der bei den Bauern auf Zustimmung stößt. «Das wollen wir natürlich alle, das würde uns unwahrscheinlich helfen», sagte der Landesbauernverbandspräsident Olaf Feuerborn. Die höheren Preise müssten aber auch bei den Landwirten ankommen, ergänzte Hauptgeschäftsführer Marcus Rothbarth.
Auch der geplante Mindestlohn wird die Branche weiter belasten. Ein Mindestlohn von 12 Euro sei gerade in der Landwirtschaft eine Riesenherausforderung, sagte der Verbandspräsident. Zumal die Landwirtschaft ohnehin auf einem sehr niedrigen Lohnniveau liege. «Wir gönnen es jedem, dass er mehr Geld verdient», sagte Feuerborn, der auch für die CDU im Landtag sitzt. Aber dadurch entstünden Kosten, die wieder erwirtschaftet werden müssten. Wie das geschehen solle, wisse man bislang nicht. Diese Kosten würden sich dann aber auch in den Endprodukten in Form von höheren Preisen niederschlagen.
Das sieht auch Minister Sven Schulze so: «Die Produzenten brauchen dann einfach auch einen höheren Preis, wenn sie die Produkte an die Lebensmittelketten und letzten Endes an die Bürger auch verkaufen», so Schulze. Gerade in der Landwirtschaft sei die Arbeit enorm anstrengend und dafür müsse man auch vernünftig bezahlt werden.
Im Jahr 2020 gab es nach Angaben des Ministeriums im Land 4344 landwirtschaftliche Betriebe und damit fünf weniger als 2016. Neuere Zahlen liegen noch nicht vor. Die Betriebe bewirtschaften durchschnittlich rund 270 Hektar und liegen damit deutlich über dem Bundesschnitt von rund 60 Hektar.
Schulze kritisierte am Dienstag außerdem den vom Bund geplanten Verkaufs- und Verpachtungsstopp für Flächen der Bodenverwertungs- und –verwaltungsgesellschaft (BVVG). Das Bundesfinanzministerium plant den Angaben zufolge, die Flächen vorrangig für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie für Klima- und Artenschutz nutzbar zu machen. «Grund und Boden sind für die Landwirtschaft noch immer die wichtigste Ressource», sagte der Minister. Ein Abbruch der Privatisierung von BVVG-Flächen behindere die betroffenen Betriebe bei der Umsetzung ihrer Betriebs- und Investitionsplanung. Das sei eine unnötige Belastung, so der CDU-Politiker.