Die polnische Regierung und die Europäische Union (EU) werfen dem autoritären belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, gezielt Menschen aus Krisenregionen wie Afghanistan und dem Irak einfliegen zu lassen, um sie dann in die EU zu schleusen. Lukaschenko hatte im Frühjahr als Reaktion auf westliche Sanktionen erklärt, er werde Migranten auf dem Weg in die EU nicht mehr aufhalten. Die Zahl irregulärer Grenzübertritte an den EU-Außengrenzen zu Belarus sowie an der deutsch-polnischen Grenze nimmt seitdem stark zu.
Unterdessen gibt es Misstöne in Sachsens Koalition, was den Umgang mit den Flüchtlingen der Belarus-Route anbelangt. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte sich am Wochenende dagegen ausgesprochen, die im Grenzgebiet zwischen Belarus und Polen feststeckenden Migranten in Deutschland aufzunehmen. «Wir dürfen diese Migranten weder in der EU noch in Deutschland aufnehmen», sagte er der «Bild am Sonntag». Man müsse dem Diktator in Minsk zeigen, dass er mit dieser Maßnahme keinen Erfolg haben wird: «Dann wird er mit den Schleusungen aufhören.» Die Bilder notleidender Menschen an der Grenze müsse die Gesellschaft aushalten.
Die konservative Werteunion in der sächsischen CDU unterstützte Kretschmer am Dienstag in seiner Haltung. Grünen-Landeschefin Christin Furtenbacher widersprach: «Wir fordern, dass der Freistaat - wenn und wo nötig - gemeinsam mit dem Bund einen Beitrag leistet um den unter Kälte, Hunger und mangelnder medizinischer Versorgung leidenden Menschen im Grenzgebiet Polen-Belarus zu helfen.» Wer nicht handeln wolle, beweise Herzlosigkeit. «Die Aussagen von
@MPKretschmer widersprechen jedweden Grundgedanken von Humanität», twitterte Grünen-Innenpolitiker Valentin Lippmann. Sein SPD-Kollege Albrecht Pallas meldete sich ebenfalls auf Twitter zu Wort: «Ich finde nicht, dass wir die Bilder frierender Menschen an der polnisch-belarussischen Grenze aushalten müssen.»