Ex-Oberstaatsanwalt steht wegen Bestechlichkeit vor Gericht

Er soll überteuerte Gutachten an eine Firma vergeben haben, an der er selbst beteiligt war - und dafür noch Schmiergeld kassiert haben. Geschädigt wurde auch das Land Hessen.
Im Frankfurter Gerichtsviertel liegt der Gebäudetrakt, in dem die Generalstaatsanwaltschaft ihren Sitz hat. © Arne Dedert/dpa

Als Leiter einer Ermittlungsstelle für Medizinstrafrecht brachte er Ärzte, Apotheker und Klinikmitarbeiter vor Gericht – nun sitzt der ehemalige Oberstaatsanwalt selbst auf der Anklagebank. Alexander B. muss sich wegen gewerbsmäßiger Bestechlichkeit, schwerer Untreue und Steuerhinterziehung verantworten. Der 55-Jährige soll sich bei der Vergabe von Gutachten bereichert und Schmiergelder kassiert haben.

Zu Prozessbeginn vor dem Landgericht Frankfurt verlasen zwei Vertreter der Staatsanwaltschaft rund drei Stunden lang abwechselnd die Anklageschrift. B. habe «zur eigenen Gewinnmaximierung» gehandelt, seine herausragende Stellung «vorsätzlich missbraucht» und «dem Land Hessen erheblichen Schaden zugefügt», so die beiden Oberstaatsanwälte.

Topjuristen drohen bis zu 15 Jahre Haft

Der ehemalige Kollege war in Handschellen hereingeführt worden, auf seinen gefesselten Händen balancierte er einen Ordner mit Unterlagen. Nach Angaben seines Verteidigers will sich Alexander B. am nächsten Verhandlungstag, kommenden Freitag, zu den Vorwürfen äußern. Angesetzt sind 22 Termine - zwei pro Woche - bis Ende März, 26 Zeugen sind geladen. Dem ehemaligen Topjuristen drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Der 55-Jährige hatte bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt eine bundesweite Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen geleitet. Mit ihm auf der Anklagebank sitzt ein Unternehmer, dem gewerbsmäßige Bestechung und Subventionsbetrug vorgeworfen wird. Beide hatten laut Anklage gemeinsam eine Firma gegründet, die dem Land Hessen Aufträge in Millionenhöhe in Rechnung stellte.

Laut Anklage hatten die beiden Männer die Firma 2005 gemeinsam gegründet. Zwischen 2010 und 2020 habe das Unternehmen Einnahmen in Höhe von 12,5 Millionen Euro auf Kosten der Staatskasse erzielt. «Zur Verschleierung der tatsächlichen Gesellschafterverhältnisse» sei eine Geschäftsführerin eingestellt worden. Dadurch sei nicht ersichtlich gewesen, dass B. an der Firma beteiligt war. Der Oberstaatsanwalt sei zuerst zu einem Drittel an den Erlösen der Firma beteiligt gewesen, später zu 60 Prozent.

Überhöhte Rechnungen erstellt

Laut Anklage vergab B. Gutachteraufträge fast ausschließlich an diese Firma. Die Mitarbeiterinnen hätten alle Tätigkeiten nach dem Stundensatz für Sachverständige abgerechnet, auch Hilfsarbeiten wie Kopieren oder Ablage. B. habe die überhöhten Rechnungen dann als sachgerecht abgezeichnet. Nicht alle Gutachten seien überhaupt nötig gewesen. Teilweise hätten die Mitarbeiterinnen sogar Anklageschriften angefertigt und in Rechnung gestellt. Dies sei eine hoheitliche Aufgabe der Justiz und dürfte nicht an Externe vergeben werden.

Aufgrund einer «Unrechtsvereinbarung» zwischen den beiden Angeklagten flossen laut Anklage zudem Schmiergelder im sechsstelligen Bereich. Der Unternehmer habe ein Konto eingerichtet und B. die Karte dazu ausgehändigt. Auf dieses Konto überwies er zwischen 2015 und 2019 monatlich 3000 Euro. B habe von dem Konto regelmäßig abgehoben, später sei auch Bargeld übergeben worden. Insgesamt habe B. von dem Unternehmer zwischen 2015 und 2020 – dem Zeitraum nicht verjährter Taten - rund 279.000 Euro «als zusätzliches monatlichen Einkommen» erhalten.

Der für kommenden Mittwoch geplante Verhandlungstermin wurde am Ende des ersten Prozesstags aufgehoben, ebenso wie die Ladung einiger Zeugen. Nicht erscheinen müssen zwei Staatsanwälte, die mit B. zusammengearbeitet hatten. Da gegen sie ebenfalls ermittelt wird, machen sie von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch. Ein ehemaliger Generalstaatsanwalt ist laut Attest verhandlungsunfähig. Die Verlobte von B. muss wegen ihrer Nähe zum Angeklagten nicht aussagen.

© dpa
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