Nationalgarde für israels rechtsextremen Polizeiminister?

Er gilt als politischer Brandstifter. Nun könnte Israels rechtsextremer Polizeiminister Ben-Gvir eine bewaffnete «Privatarmee» bekommen. Kritiker warnen vor weitreichenden Folgen.
Itamar Ben-Gvir
Israels Polizeiminister Itamar Ben-Gvir. © Abir Sultan/Pool EPA/AP/dpa

Israel kommt trotz einer ausgesetzten Justizreform nicht zur Ruhe. Am Sonntag ebnete die Regierung den Weg zur Gründung einer Nationalgarde, die dem rechtsextremen Polizeiminister Itamar Ben-Gvir unterstellt werden könnte.

Zur Finanzierung des umstrittenen Vorhabens genehmigte die Regierung, die Haushalte aller Ministerien zu kürzen. Angesetzt sind rund eine Milliarde Schekel (255 Millionen Euro). Unterdessen gingen erneut Hunderttausende Menschen landesweit auf die Straßen, um gegen die geplante Justizreform zu protestieren. Im Westjordanland bleibt die Sicherheitslage angespannt.

Oppositionsführer Jair Lapid verurteilte die Regierungsentscheidung als «lächerlich und verabscheuungswürdig». Die Minister hätten für «eine private Armee von Schlägern» gestimmt - zulasten von anderen Bereichen wie Gesundheit, Bildung und Sicherheit. Medienberichten zufolge sollen sich mehrere Minister während der Sitzung dagegen ausgesprochen haben. Letztendlich hätten sie auf Drängen von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu jedoch dafürgestimmt.

Mit der Einrichtung einer Nationalgarde machte Netanjahu Ben-Gvir ein Zugeständnis. Der 46-Jährige hatte zuvor mit seinem Rücktritt gedroht, sollte die umstrittene Justizreform trotz aller Proteste ausgesetzt werden.

Privatarmee für Ben-Gvir?

Nach den Plänen Ben-Gvirs soll die Einheit parallel zu Polizei und Militär arbeiten und sich um «zivile Unruhen» landesweit kümmern. Kritiker warnen davor, dass er die Truppe mit rund 2000 Einsatzkräften gezielt gegen die arabische Bevölkerung oder regierungskritische Demonstranten einsetzen könnte.

Der wegen rassistischer Hetze verurteilte Ben-Gvir gilt als politischer Brandstifter. Das Vorgehen der Polizei gegen regierungskritische Demonstranten kritisierte der verurteilte Rechtsanwalt zuletzt mehrfach als «zu schwach». Immer wieder heizte er in der Vergangenheit den Konflikt mit den Palästinensern gezielt an. Rufe wie «Tod den Arabern» und «verbrennt ihre Dörfer» sind auf Veranstaltungen von seinen Anhängern keine Seltenheit. Er selbst gibt an, solche Ausdrücke «seit Jahren» nicht mehr verwendet zu haben.

Polizeichef warnt vor «dramatischen Folgen»

Polizeichef Jaakov Schabtai sprach von «dramatischen Folgen» für die innere Sicherheit Israels, sollte die Nationalgarde direkt Ben-Gvir unterstellt werden. Die Einheit soll sich Berichten zufolge aus Wehrpflichtigen, Reservisten und Freiwilligen zusammensetzen. Ein Ausschuss soll in den kommenden drei Monaten über die genaue Besetzung beraten und auch die Zuständigkeiten klären, hieß es aus dem Büro des Ministerpräsidenten. Demnach ist noch nicht geklärt, wer die Befehlshoheit haben wird. Experten gehen davon aus, dass es mehrere Monate dauern könnte, bis die Pläne umgesetzt werden.

«Es ist eine Schande für Israel, dass ein verurteilter Rassist eine private Miliz bekommen soll», sagt die Politikwissenschaftlerin Gail Talschir. Ben-Gvir habe bereits radikale Anhänger, die sich über dem Gesetz fühlen - nun bekämen diese noch Waffen.

Die Idee einer Nationalgarde ist bereits seit Jahren im Gespräch. Die Vorgängerregierung hatte nach massiven Unruhen in arabisch-israelischen Städten ähnliche Pläne. «Neu ist jedoch, dass die Truppe nicht der Polizei, sondern dem Ministerium für Nationale Sicherheit unterstellt werden könnte», sagt Talschir. Zudem sollen der Umfang und die finanziellen Mittel deutlich erhöht werden.

Proteste reißen nicht ab

Trotz des vorläufigen Stopps der Justizreform demonstrierten am Samstag erneut rund eine Viertelmillion Menschen gegen die Pläne der rechts-religiösen Regierung. «Netanjahus Versuch, die Demonstranten zum Schweigen zu bringen, ist gescheitert», hieß es von den Organisatoren. Lapid schrieb auf Twitter: «Wir sind auf der Hut. Die Gefahr ist noch nicht vorbei.» Er hatte zuletzt mehrfach an der Ernsthaftigkeit Netanjahus gezweifelt, einen Kompromiss erreichen zu wollen. Derzeit laufen Gespräche zwischen Koalition und Opposition zu dem umstrittenen Gesetzesvorhaben.

© dpa ⁄ Christina Storz, dpa
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