Macron will im Rentenstreit beschwichtigen und eckt an

Der Streit um die Rentenreform in Frankreich eskaliert. Präsident Emmanuel Macron ergreift das Wort. Doch Ruhe bringt er nicht in den Konflikt.
TV-Auftritt Emmanuel Macron
Proteste in Frankreich
Proteste in Frankreich
Proteste in Paris

Im aufgeheizten Streit um die Rentenreform und kurz vor neuen geplanten Massenprotesten hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron das Reformvorhaben entschlossen verteidigt. «Diese Reform ist kein Luxus, kein Vergnügen, sie ist eine Notwendigkeit für das Land», sagte der Staatschef in einem Interview der Sender TF1 und France 2.

Es gebe keine «36 Lösungen» für eine ausgewogene Rentenkasse. Laurent Berger, Vorsitzender der Gewerkschaft CFDT, warf Macron vor, zu lügen und zu leugnen. Die CFDT habe einen Vorschlag für eine Rentenreform. Auch Philippe Martinez von der Gewerkschaft CGT sagte: «Entweder kennt er unser System nicht - und das ist schlimm - oder er verarscht uns.»

Seit Wochen streitet Frankreich über die Reform der Regierung zur schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre. In den vergangenen Tagen hat sich der Konflikt durch das harte Durchgreifen der Regierung im Parlament zugespitzt - die Reform wurde ohne finale Abstimmung durch die Nationalversammlung gedrückt. Spontane Proteste arteten mehrfach aus, auch am Mittwoch demonstrierten Menschen gegen das Vorhaben. Ein Misstrauensvotum in der Nationalversammlung überlebte die angeschlagene Mitte-Regierung nur knapp. Die Reform ist seit dem Votum am Montagabend verabschiedet. In Kraft ist sie noch nicht.

Neue Streiks bereits angekündigt

Macron hatte sich in der Debatte lange im Hintergrund gehalten. Sein Fernsehinterview - kurz vor für Donnerstag angekündigten neuen Streiks und Protesten - war mit Spannung erwartet worden. Zwar sagte Macron: «Wir müssen beruhigen», und deutete Verbesserungen in der Arbeitswelt an. In dem Interview agierte er jedoch eher defensiv. Die Atmosphäre in dem großen leeren Raum im Élyséepalast war kühl.

«Denken Sie es macht mir Spaß, diese Reform zu machen?», fragte Macron und antworte mit einem klaren «Nein». Die Reform sei sehr schwierig. «Wir verlangen von den Menschen eine Anstrengung. Das ist nie beliebt.» Aber: «Zwischen den Umfragen und der Kurzfristigkeit und dem allgemeinen Interesse des Landes entscheide ich mich für das allgemeine Interesse des Landes.» Er bedauere allerdings, nicht von der Notwendigkeit der Reform überzeugt zu haben.

Aus den Reihen der Linken wurde Macron nach dem Interview Arroganz vorgeworfen, die Grünen nannten sein Verhalten verächtlich, die Rechtsnationalen beschuldigten Macron, nicht zuzuhören, wie der Sender France Info berichtete.

Rücktrittsforderungen gegen Premierministerin

In den vergangenen Tagen hatte es im Zuge des Rentenstreits mehrfach Rücktrittsforderungen gegen Premierministerin Élisabeth Borne gegeben. Macron stärkte ihr nun den Rücken. «Sie hat mein Vertrauen, diese Regierungsmannschaft zu steuern.» Er hoffe, dass sie die Mehrheit der Regierung in den nächsten Wochen ausbauen könne. Das Mitte-Lager um Macron und Borne hat seit der Parlamentswahl im Juni keine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung mehr. Sie braucht daher Stimmen der Opposition.

Die umstrittene Rentenreform liegt derzeit beim Verfassungsrat, der Teile davon kippen könnte. Sowohl Borne als auch oppositionelle Abgeordnete haben die Instanz angerufen. Die Opposition will das Vorgehen der Regierung überprüfen lassen, die durch ein beschleunigtes Verfahren die Debattenzeit im Parlament verkürzte und die Reform in einem Haushaltstext unterbrachte. Wann der Verfassungsrat entscheidet, ist noch unklar. Macron will, dass die Reform bis Jahresende in Kraft ist.

Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62 Jahren. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt später: Wer für eine volle Rente nicht lange genug eingezahlt hat, arbeitet länger. Mit 67 Jahren gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag - dies will die Regierung beibehalten, auch wenn die Zahl der nötigen Einzahljahre für eine volle Rente schneller steigen soll. Die monatliche Mindestrente will sie auf etwa 1200 Euro hochsetzen.

© dpa
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