London: Kreml hat zunehmend Probleme, Krieg zu vermitteln

Mehrere Paraden zum «Tag des Sieges» wurden bereits abgesagt. Das hängt wohl auch mit Kommunikationsproblemen zusammen, heißt es aus London. Und auch der Machtkampf in Moskau ist wohl heftiger als angenommen.
Militärparade in Moskau
Sergej Schoigu

Laut britischen Geheimdiensten hat die russische Führung zunehmend Probleme, den Ukraine-Krieg der eigenen Bevölkerung zu vermitteln. Russlands Präsident Wladimir Putin stelle die «spezielle Militäroperation» in den Kontext der sowjetischen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg, hieß es heute im Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums.

Russland begeht jedes Jahr am 9. Mai den «Tag des Sieges», an dem mit pompösen Militärparaden der Sieg der Sowjetunion über das nationalsozialistische Deutschland 1945 gefeiert wird, Gefallener gedacht und noch lebende Veteranen geehrt werden. Die Ehrung der Gefallenen früherer Generationen könnte laut London leicht dazu führen, dass das Ausmaß der jüngsten Verluste in der Ukraine, die der Kreml zu vertuschen versuche, offenkundig werde.

Diese Botschaft könnte zudem bei den vielen Russen, die unmittelbare Einblicke in die scheiternde Operation in der Ukraine haben, zunehmend auf Unbehagen stoßen. Als Zeichen für diese Entwicklung sehen die Briten auch die Absage mehrerer Militärparaden in russischen Grenzregionen nahe der Ukraine und auf der annektierten Halbinsel Krim am 9. Mai. Die Absagen hätten offiziellen Angaben zufolge auch mit Sicherheitsbedenken zu tun, hieß es aus London.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.

Machtkampf in russischer Führung wohl heftiger als gedacht

Der Machtkampf innerhalb des russischen Machtapparats könnte einem US-Zeitungsbericht zufolge zudem weitreichender sein als bisher angenommen. Darauf deuteten neue geheime Dokumente hin, die jetzt zusätzlich zu den vor Tagen bekanntgewordenen geleakten Informationen im Internet veröffentlicht worden seien, schrieb die «New York Times» am frühen Morgen. Demnach beschuldigt der Inlandsgeheimdienst FSB das Militär, das Ausmaß der Opfer auf russischer Seite zu verschleiern, so die Zeitung. Das Militär schrecke weiter davor zurück, schlechte Nachrichten in der Befehlskette nach oben zu übermitteln, heiße es in dem Dokument. Der FSB wiederum stelle in Diskussionen mit der russischen Regierung die Zahlen des Verteidigungsministeriums infrage.

Zudem offenbarten die neuen Dokumente Details über einen öffentlich ausgetragenen Disput zwischen dem Chef der Wagner-Söldner, Jewgeni Prigoschin, und Verteidigungsminister Sergej Schoigu über angeblich vom Militär zurückgehaltene Munition für die Wagner-Truppe. Demnach soll Präsident Wladimir Putin persönlich versucht haben, den Streit zwischen beiden zu schlichten. Das Treffen soll am 22. Februar stattgefunden haben, heiße es in einem der Dokumente.

Seit Wochen kursieren im Internet offensichtlich geheime Dokumente von US-Stellen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. US-Medien berichteten kurz vor Ostern erstmals über das Leck um dieses sensible Material zu beiden Kriegsparteien, ohne die Dokumente selbst zu veröffentlichen. Unklar ist, wer die schon vor Wochen bei prorussischen Kanälen verbreiteten Dokumente publiziert hat. Das Investigativ-Netzwerk Bellingcat wies nach, dass sie teils nachträglich manipuliert wurden. Die US-Regierung bemüht sich um Aufklärung.

Russlands betritt derweil Streitigkeiten seiner Sicherheitsorgane. «Ich weiß nicht, worauf sich solche Meldungen stützen, aber ich bin bereit, die Glaubwürdigkeit und das Verständnis des Autoren dafür, was in Russland wirklich vorgeht, in Zweifel zu ziehen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

© dpa
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