Chamenei: Locker sitzende Kopftücher nicht gegen Religion

Irans politische Führung steht seit Ausbruch der Proteste unter enormem Druck. In der schwersten politische Krise seit Jahrzehnten meldet sich nun das Staatsoberhaupt zu Wort.
Oberster Führer und geistliches Oberhaupt des Iran: Ajatollah Ali Chamenei. © Office of the Iranian Supreme Leader/dpa

Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei sieht «schlecht sitzende Kopftücher» nach eigener Aussage nicht «entgegen von Religion und Revolution».

«Schlecht oder locker sitzende Kopftücher sind nicht richtig. Aber es bedeutet nicht, dass wir sie entgegen von Religion und Revolution betrachten sollten», wurde Irans Religionsführer am Mittwoch von der Nachrichtenagentur Irna zitiert. «Wir alle haben Schwächen, die wir beheben müssen, und alles, was wir beheben können, wird besser.» Nach der Islamischen Revolution 1979 wurden im Iran strenge islamische Kleidungsvorschriften eingeführt, die auch kontrolliert werden.

Irans politische Führung steht seit Ausbruch der landesweiten Proteste Mitte September unter enormem Druck. Ausgelöst vom Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im Polizeigewahrsam stürzte Teheran in die schwerste politische Krise seit Jahrzehnten. Die 22-Jährige war vor mehr als drei Monaten wegen Verstoßes gegen die im Iran geltenden islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden.

Die darauffolgenden Proteste, die sich auch gegen das islamische Herrschaftssystem richteten, wurden gewaltsam niedergeschlagen. Inzwischen sind immer mehr Frauen in Irans Metropolen in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch zu sehen. Während die sogenannte Sittenpolizei, die auch Amini festgenommen hatte, fast vollständig von den Straßen verschwunden ist, soll der Kopftuchzwang durch andere Methoden wie etwa Videoüberwachung verfolgt werden.

Bekannte Schauspielerin auf Kaution freigelassen

Derweil ist die bekannte iranische Schauspielerin Taraneh Alidoosti nach mehr als zwei Wochen Haft aus dem berüchtigten Ewin-Gefängnis auf Kaution freigelassen worden. Dies berichtete die reformorientierte Zeitung «Shargh». Alidoosti war Mitte Dezember im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten im Iran verhaftet worden. Sie hatte sich zuvor mit der Frauenbewegung solidarisiert und auf Instagram ein inzwischen gelöschtes Bild ohne das im Iran obligatorische Kopftuch veröffentlicht. Der Schauspielerin wurden nach ihrer Verhaftung «Verbreitung von Falschinformationen und Unterstützung von konterrevolutionären Kreisen» vorgeworfen.

Die 38-Jährige zählt zu den erfolgreichsten Schauspielerinnen Irans. Zu Alidoostis bekanntesten Filmen gehören unter anderem die Dramen «The Salesman» sowie «Alles über Elly», beide unter der Regie des zweifachen Oscar-Gewinners Asghar Farhadi. Im vergangenen Jahr feierte sie bei den Filmfestspielen in Cannes die Premiere ihres neuesten Films «Leila's Brothers». Die öffentliche Vorführung des Films in den iranischen Kinos wurde vom Kultusministerium verboten.

© dpa
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